Muskel-Skelett-Belastungen: erkennen, beurteilen und vermeiden
Muskel-Skelett-Belastungen (MSB) sind ein allgegenwärtiger Bestandteil unseres Arbeitslebens. Während ein gewisses Maß an Belastung für unseren Körper notwendig und gesund ist, können übermäßige oder einseitige Belastungen zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen.
In Deutschland sind Muskel-Skelett-Erkrankungen seit Jahren die häufigste Ursache für krankheitsbedingte Arbeitsausfälle. Etwa jeder vierte Krankheitstag ist auf Diagnosen des Muskel-Skelett-Systems zurückzuführen. Diese Situation stellt nicht nur eine enorme Belastung für die Betroffenen dar, sondern hat auch weitreichende Folgen für Unternehmen und die Gesellschaft insgesamt.
Diagnosen des Muskel-Skelett-Systems gehen jedem vierten Krankheitstag voraus
Arten von Muskel-Skelett-Belastungen
Muskel-Skelett-Belastungen können in verschiedenen Formen auftreten:
- Heben, Halten und Tragen: Diese Tätigkeiten belasten besonders den Rücken, aber auch Nacken, Schultern, Arme, Beine, Knie und Hüfte.
- Ziehen und Schieben: Ähnlich wie beim Heben und Tragen werden hier verschiedene Körperregionen beansprucht.
- Manuelle Arbeitsprozesse: Repetitive Bewegungen, insbesondere der Hände und Arme, können zu Überlastungen führen.
- Körperzwangshaltungen: Lang anhaltende ungünstige Körperhaltungen wie gebückte oder verdrehte Positionen stellen eine besondere Belastung dar.
- Ganzkörperkräfte: Das Aufbringen hoher Kräfte, beispielsweise beim Bearbeiten großer Werkstücke, kann den gesamten Körper belasten.
- Körperfortbewegung: Häufiges Gehen, Steigen oder Klettern kann ebenfalls zu Belastungen führen.
- Ganzkörper- und Hand-Arm-Vibrationen: Vibrationen, die auf den gesamten Körper oder spezifisch auf Hände und Arme einwirken, können langfristig schädlich sein.
Folgen von Muskel-Skelett-Belastungen
Die Auswirkungen von MSB können von kurzfristigen Beschwerden bis hin zu langfristigen, chronischen Erkrankungen reichen. Häufige Folgen sind:
- Rückenschmerzen, insbesondere im Lendenwirbelsäulenbereich
- Nackenschmerzen
- Schulterbeschwerden
- Sehnenscheidenentzündungen
- Arthrosen in Knie- und Hüftgelenken
- Bandscheibenvorfälle
- Durchblutungsstörungen
Die individuelle Toleranzgrenze für Belastungen kann dabei von Person zu Person variieren. Faktoren wie körperliche Fitness, Alter und genetische Veranlagung spielen hier eine Rolle.
Gesetzliche Grundlagen und Gefährdungsbeurteilung
Der Gesetzgeber hat mit dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) Arbeitgeber dazu verpflichtet, die Gefährdungen für ihre Beschäftigten im Betrieb zu ermitteln, zu beurteilen und gegebenenfalls Maßnahmen abzuleiten. Die Gefährdungsbeurteilung ist das zentrale Instrument, um Risiken frühzeitig zu erkennen und vorzubeugen.
MSB lassen sich mit einem ganzheitlichen Ansatz vermeiden und reduzieren
Besonders wichtig ist die Berücksichtigung der Arbeitsmedizinischen Regel (AMR) 13.2 „Tätigkeiten mit wesentlich erhöhten körperlichen Belastungen mit Gesundheitsgefährdungen für das Muskel-Skelett-System“, die Kriterien für die Beurteilung und den Umgang mit erhöhten körperlichen Belastungen festlegt.

Maßnahmen zur Vermeidung von Muskel-Skelett-Belastungen
Die Vermeidung und Reduzierung von MSB erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der technische, organisatorische und personenbezogene Maßnahmen umfasst:
Technische Maßnahmen:
- Einsatz von Hebehilfen und ergonomischen Arbeitsmitteln
- Optimierung von Arbeitsplatzgestaltung und -layout
- Verwendung von höhenverstellbaren Arbeitstischen und ergonomischen Stühlen
- Installation von Absauganlagen zur Reduzierung von Staubbelastungen
Organisatorische Maßnahmen:
- Arbeitsplatzrotation zur Vermeidung einseitiger Belastungen
- Einführung regelmäßiger Pausen und Bewegungseinheiten
- Optimierung von Arbeitsabläufen zur Reduzierung unnötiger Belastungen
- Schulung und Unterweisung der Mitarbeiter in ergonomischer Arbeitsweise
Personenbezogene Maßnahmen:
- Bereitstellung und korrekte Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung
- Angebot von Rückenschulen und Bewegungsprogrammen
- Förderung der allgemeinen Fitness der Mitarbeiter
- Sensibilisierung für die Bedeutung von Ausgleichsbewegungen und -übungen
Rolle der Führungskräfte und Beschäftigten
Die erfolgreiche Prävention von MSB erfordert das Engagement aller Beteiligten. Führungskräfte spielen eine Schlüsselrolle bei der Implementierung und Durchsetzung von Schutzmaßnahmen. Sie sollten mit gutem Beispiel vorangehen, die Bedeutung des Arbeitsschutzes betonen und ein offenes Ohr für die Anliegen und Verbesserungsvorschläge der Mitarbeiter haben. Daneben müssen sie regelmäßige Schulungen und Unterweisungen organisieren und nicht zuletzt die Einhaltung von Schutzmaßnahmen konsequent einfordern und überwachen.
Bei der Prävention sind Führungskräfte ebenso gefordert wie Mitarbeitende
Die Beschäftigten sind ihrerseits aufgefordert, vorhandene Schutzeinrichtungen und Hilfsmittel konsequent zu nutzen und auf eine ergonomische Arbeitsweise zu achten. Auch sollten sie gesundheitliche Beschwerden frühzeitig melden.
Arbeitsmedizinische Vorsorge
Bei Tätigkeiten mit wesentlich erhöhten körperlichen Belastungen ist die arbeitsmedizinische Vorsorge ein wichtiger Baustein des Gesundheitsschutzes. Sie dient der Früherkennung und Prävention arbeitsbedingter Erkrankungen. Arbeitgeber sind verpflichtet, diese Vorsorge zu organisieren und deren Erkenntnisse in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen.
Weitere Infos:
- DGUV Information 208-033 „Muskel-Skelett-Belastungen – erkennen und beurteilen“
www.dguv.de, Webcode: p208033 - DGUV Information 208-053 „Mensch und Arbeitsplatz – Physische Belastungen“
www.dguv.de, Webcode: p208053
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