Erste Hilfe – Maßnahmen am Unfallort
Trotz aller Vorsicht und Schutzmaßnahmen können Unfälle passieren. Dann gilt es informiert zu sein, um zügig und richtig handeln zu können. Wie wird ein Notruf abgesetzt und was ist zu tun, bis ärztliche Hilfe eintrifft?
Grundregeln für die Erste Hilfe
Verletzte sind grundsätzlich ärztlicher Hilfe zuzuführen. Notarzt verständigen!
Notruf:
- Wo geschah es?
- Was ist passiert?
- Wie viele Verletzte?
- Welche Verletzungen?
- Warten auf Rückfragen!
Notrufnummer:
Notarzt / Rettungsdienst / Feuerwehr: 112
Erste Hilfe ist „Laienhilfe“. Dabei müssen – je nach Situation – von Laien Maßnahmen ergriffen werden, die verhindern sollen, dass bis zum Eintreffen ausgebildeter Helfer oder des Arztes eine Verschlechterung des Zustands des Verletzten oder gar der Tod eintritt. Nachstehende Punkte sind bei der Ersten Hilfe immer zu beachten:
- Eigenschutz vor Fremdschutz
Bei jeder Hilfeleistung ist immer der Eigenschutz zu beachten. In einem Verbandskasten sind deshalb nicht nur Einmalhandschuhe, sondern neuerdings auch Mund-Nasen-Bedeckungen enthalten. Zu empfehlen sind hier aufgrund der höheren Schutzwirkung FFP2-Masken.
- Absichern der Unfallstelle und In-Sicherheit-bringen
Abstellen laufender Maschinen, Freischalten von elektrischen Anlagen, Sichern von angehobenen Lasten, Absichern von Verkehrswegen.
Die verletzte Person nur dann von der Unfallstelle wegbringen, wenn an diesem Ort eine unmittelbare Gefahr droht.
- Erkennen der Elementargefährdung
Welche Schädigung der verunfallten Person kann den Tod zur Folge haben, wenn nicht jetzt die geeignete Hilfsmaßnahme ausgeführt wird?
Hier ist sofortige Hilfe erforderlich:
Symptom | Maßnahme |
---|---|
Atemstillstand | Herzdruckmassage/Atemspende (30:2) |
Bewusstlosigkeit | Stabile Seitenlage |
Kreislaufschwäche/Schock | Beine hochlagern, beruhigen |
Starke Blutung | Abdrücken, Druckverband |
Verbrennungen | Brandwunde keimfrei bedecken |
Auffinden einer Person
Wenn eine verletzte Person aufgefunden wird, muss das Bewusstsein folgendermaßen kontrolliert werden:
- Wenn noch nicht geschehen, die betroffene Person auf den Rücken legen.
- Ruhiges, deutliches Ansprechen, evtl. Lautstärke erhöhen.
- Körperkontakt durch vorsichtiges Rütteln der Schulter.
- Keine Schmerzreize setzen, dies stellt eine Körperverletzung dar.
Wenn das Bewusstsein vorhanden ist, situationsgerecht handeln bzw. weiteres Vorgehen je nach Beschwerden der Person: bequem lagern und vor Kälte, Nässe, übermäßiger Wärme schützen. Bekleidungsstücke, die die Atmung behindern, öffnen/lockern (Hosenbund, Halskragen, Krawatte usw.).
Ist das Bewusstsein nicht vorhanden, sofort den Notruf absetzen und die Atmung kontrollieren.
Atmung kontrollieren
Um festzustellen, ob die verletzte Person noch atmet:
- Seitlich am Kopf des Betroffenen knien.
- Eine Hand an die Stirn, andere Hand unter das Kinn der Person legen.
- Den Daumen zwischen Unterlippe und Kinnspitze legen, die anderen Finger an die Kinnunterseite.
- Den Kopf vorsichtig nach hinten neigen, das Kinn gleichzeitig anheben und vorziehen, um die Atemwege frei zu machen, sichtbare Fremdkörper entfernen.
- Eigenes Ohr und die Wange dicht über den Mund der Person halten:
Hebt und senkt sich der Brustkorb?
Sind vorhandene Atemgeräusche zu hören?
Lässt sich der Luftstrom an der Wange spüren?
Ist die Atmung regelgerecht, kann die Person in die stabile Seitenlage bewegt werden. Ist dies nicht der Fall, dann Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) durchführen.
Stabile Seitenlage
Die stabile Seitenlage ist erforderlich, damit Erbrochenes und Blut aus dem Mund laufen können.
- Seitlich neben die verletzte Person knien, ggf. Brille entfernen.
- Beine der Person strecken.
- Nahen Arm der Person angewinkelt nach oben legen, die Handinnenfläche zeigt nach oben.
- Ferne Hand der Person greifen und Arm vor der Brust kreuzen.
- Handrücken der fernen Hand an die Wange der Person führen und festhalten.
- Mit der anderen Hand an den fernen Oberschenkel (nicht Gelenk) der Person greifen und deren Bein beugen.
- Person zu sich herüberziehen.
- Oben liegendes Bein so ausrichten, dass der Oberschenkel im rechten Winkel zur Hüfte liegt.
- Hals überstrecken (Kopf nach hinten neigen), um das Freihalten der Atemwege sicherzustellen.
- Mund leicht öffnen, die an der Wange liegende Hand so ausrichten, dass die überstreckte Kopfposition beibehalten wird.
- Person zudecken, beobachten (Atmung wiederholt kontrollieren) und betreuen.
- Auch bei Kopfverletzungen Seitenlage, sonst keine weiteren Bewegungen.
Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) im Verhältnis 30 : 2
Ein Herz-Kreislauf-Stillstand erfordert sofortige, ununterbrochene Wiederbelebungsmaßnahmen, bis man von den Rettungskräften abgelöst wird, um Tod oder irreversible Gehirnschäden abzuwenden.
Herz-Druck-Massage
Für die HLW muss die Person auf dem Rücken liegen. Die Unterlage sollte flach und hart sein.
- Seitlich möglichst nahe in Höhe des Brustkorbs der Person knien.
- Brustkorb der Person so weit wie nötig entkleiden.
- Handballen einer Hand auf dem unteren Drittel des Brustbeins platzieren (Mitte des Brustkorbs).
- Ballen der anderen Hand auf die erste Hand legen und die Finger verschränken.
- Mit gestreckten Armen das Brustbein 30 Mal 4 bis 5 Zentimeter nach unten drücken (100 Kompressionen pro Minute).
- Brustbein nach jeder Kompression vollständig entlasten, Druck- und Entlastungsdauer sind gleich; die Hände nicht von der Person lösen.
Atemspende „Mund zu Mund”
- Kopf nach hinten neigen, Kinn gleichzeitig anheben und vorziehen, um Atemwege frei zu machen, und in dieser Lage halten.
- Mit Daumen und Zeigefinger der an der Stirn liegenden Hand den weichen Teil der Nase verschließen.
- Normal einatmen.
- Eigenen Mund weit öffnen und die Lippen dicht um den Mund der Person aufsetzen.
- Luft eine Sekunde lang gleichmäßig in den Mund der Person einblasen, sodass sich deren Brustkorb merklich hebt.
- Eigenen Kopf anheben, um erneut einzuatmen. Kopflage der Person wird unverändert beibehalten. Blick auf den Brustkorb der Person richten und darauf achten, ob der Brustkorb der Person sich wieder senkt. Zweite Atemspende durchführen.
- Wenn sich bei der ersten Atemspende der Brustkorb der Person nicht – wie bei einer normalen Atmung üblich – gehoben hat, Kopflage korrigieren, ggf. den Mundraum kontrollieren und Fremdkörper entfernen.
Herzdruck-Massage und Atemspende erfolgen im Wechsel so lange, bis man durch den Notarzt abgelöst wird, selbst erschöpft ist oder die Eigenatmung der behandelten Person wieder einsetzt.
Falls vorhanden, können Hilfsmittel, wie eine Beatmungsmaske oder ein Defibrillator, verwendet werden.
Der Defibrillator wird eingesetzt, um den Herzrhythmus zu prüfen und im Fall von lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen und Kammerflimmern durch Stromstöße die normale Herzaktivität wieder herzustellen.
Schock und Schocklagerung
Schockanzeichen sind:
- blasse, feuchtkalte Haut;
- zittern, frieren.
Maßnahmen:
- Hochlagern der Beine, damit Blut aus den Beinen in den Körper zurückfließt.
- Schutz gegen Wärmeverlust durch Decken.
- Überwachung und Zuspruch.
Wunden/Blutungen
Eigenschutz beachten: Einmalhandschuhe tragen. Wunde – möglichst ohne sie zu berühren – keimfrei abdecken, nicht auswaschen, Fremdkörper nicht entfernen.
Ausnahme: Wasseranwendungen nur bei Verbrennungen, Verätzungen.
Druckverband anlegen: Wunde steril abdecken, dann Druckpolster, zum Beispiel Verbandpäckchen darüberlegen, unter Zug festbinden und Gliedmaßen hochlagern.
Bei Blutungen am Körperstamm oder am Kopf, wenn möglich, geeignetes Material auf Wunde aufpressen.
Bei Amputationsverletzungen handelt es sich um Verletzungen mit Abtrennung einer Extremität (zum Beispiel Fingerkuppe, Finger). Die Blutung, die in der Regel stark ist, wird wie beschrieben versorgt (Druckverband und Hochlagern der Extremität). Es kann zu einem Schock kommen; dann Schocklage anwenden und den Verunfallten nicht alleine lassen.
Das Amputat muss gesichert und verpackt werden:
- Einwickeln des Amputats in einen sterilen Verband.
- Dieses dann in einen Plastikbeutel legen.
- Das Amputat im Plastikbeutel in einen zweiten Plastikbeutel geben und den zweiten Beutel mit kaltem Wasser und Eis füllen.
- Schneller Transport ins Krankenhaus.
Merke: Ein direkter Kontakt des Amputats mit Eis ist wegen der Schädigung des Gewebes durch Erfrierung zu vermeiden. Eine Replantation (Verwendung des Amputats) ist dann nicht mehr möglich!
Das Leben steht über dem Organerhalt
Das bedeutet, dass die Versorgung des Betroffenen durch Blutstillung, Lagerung, Betreuung vorerst wichtiger ist als das Wiederauffinden/Versorgen des abgetrennten Körperteils. Erst wenn der Betroffene versorgt ist und zeitliche Kapazitäten bestehen (zum Beispiel zweiter Helfer), sollte die Versorgung des abgetrennten Körperteils durchgeführt werden.
Verätzungen
Verätzungen von Haut und Augen
Sind Notduschen vorhanden, betroffene Person mit Kleidung abduschen und dabei gegebenfalls Kleidungsstücke entfernen. Ansonsten die mit ätzendem Stoff durchsetzte Kleidung sofort entfernen. Anschließend die Haut mit viel Wasser abspülen und wie jede andere Wunde keimfrei verbinden. Eigenschutz beachten.
Verätzte Augen im Liegen ausgiebig mit viel Wasser spülen. Dabei die Augenlider weit spreizen und das Auge nach allen Seiten bewegen lassen. Es ist wichtig den Kopf so zu drehen, dass das betroffene Auge unter dem unverletzten liegt, da die Substanz ansonsten in das nicht geschädigte Auge gelangen könnte. Sind Augenduschen oder Augenspülflaschen vorhanden, sind diese wegen besserer Spülwirkung zu benutzen. Anschließend die verletzte Person sofort in augenärztliche Behandlung bringen. Gefahrstoff angeben!
Innere Verätzungen (Mundhöhle, Speiseröhre, Magen, Darm)
Bei inneren Verletzungen nach dem Trinken von Säuren oder Laugen der verunfallten Person reichlich Flüssigkeit (zum Beispiel Wasser oder Tee) in kleinen Schlucken zu trinken geben. Niemals zum Erbrechen bringen, denn das bedeutet nochmalige Verätzung von Speiseröhre und Mund! Schockbekämpfung durchführen. Notruf schnellstmöglich absetzen. Vorgefundenen Gefahrstoff dem Notarzt übergeben!
Verbrennungen
Brandwunden sollen aufgrund der daraus resultierenden Gefahr der Unterkühlung grundsätzlich nicht mehr gekühlt werden.
Zur Schmerzlinderung können kleinflächige Verbrennungen (zum Beispiel Finger) sofort nach Bedarf mit lauwarmem Wasser abgekühlt werden. Das Kühlen ist auf die verbrannte Körperstelle zu beschränken. Größere verbrannte Körperpartien nicht mehr kühlen.
Anschließend Wundversorgung durchführen: Keimarmes Bedecken der Brandwunde, zum Beispiel mit einem Verbandtuch, um damit auch einem weiteren Wärmeverlust vorzubeugen.
Maßnahmen der Ersten Hilfe bei Stromunfällen
Selbstschutz hat Vorrang!
Bei Verdacht auf einen Stromunfall hat die eigene Sicherheit Vorrang vor allen Hilfeleistungen, da auch Lebensgefahr für den Helfer besteht. Erste Maßnahme muss deshalb eine Unterbrechung der Stromversorgung sein.
Im Gewerbe wie im Haushalt finden sich üblicherweise Anlagen mit Niederspannung bis maximal 1.000 Volt. Die Unterbrechung des Stromkreises kann hierbei durch Ausschalten, Ziehen des Netzsteckers, Auslösen des Sicherungsautomaten oder Herausdrehen der Sicherung geschehen.
Bei Hochspannung muss zu Anlagen ein Sicherheitsabstand eingehalten werden, da wegen der Gefahr der Bildung eines Lichtbogens Überschlagsgefahr besteht. Vordringlich ist deshalb die Verständigung des Rettungsdienstes und des Fachpersonals, damit dieses den Stromkreis ausschalten kann. Rettung aus Hochspannungsanlagen sollte insgesamt nur durch Fachpersonal erfolgen. Bei unbekannter Spannung gelten die gleichen Vorsichtsmaßnahmen wie bei Hochspannung.
Grundlegendes Vorgehen beim Auffinden einer Person
STROMUNFALL
- Gefahrensituation prüfen
- ERST SPANNUNGSFREI SCHALTEN!
- Spannungsfreiheit feststellen. Im Zweifel auf keinen Fall eingreifen und Fachpersonal verständigen.
GASUNFALL
- Gefahrensituation prüfen
- Zuerst Gasfreiheit prüfen
- Im Zweifel auf keinen Fall eingreifen und Fachpersonal verständigen.
Erst wenn die Spannungsfreiheit sichergestellt ist, kann unmittelbar mit der Versorgung der Verletzten begonnen werden.
Auch bei scheinbar harmlosen Unfällen mit nur geringer Stromeinwirkung ist Vorsicht geboten. Schädigungen des Reizleitungssystems am Herzen können noch nach Stunden zu plötzlichen, lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen führen. Körperliche Belastungen sind nach dem Unfall zu vermeiden.
Bei jeder Stromeinwirkung auf den Körper sollten Rettungskräfte verständigt und das Bewusstsein und gegebenenfalls die Atmung kontrolliert werden.
Je nach Bewusstseinslage der verletzten Person kann bis zum Eintreffen der Rettungskräfte die stabile Seitenlage oder eine Schocklagerung notwendig werden. Brandwunden müssen keimfrei bedeckt werden.
Ist keine regelgerechte Atmung vorhanden, ist sofort die Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) im Verhältnis 30 : 2 einzuleiten, bis man von den Rettungskräften abgelöst wird.
Schlaganfall
Durch die Verstopfung oder den Riss eines zum Gehirn führenden Blutgefäßes erfolgt eine Unterversorgung der Nervenzellen im Gehirn mit Sauerstoff. Die Nervenzellen sterben ab. Mit etwa 200.000 Betroffenen pro Jahr ist der Schlaganfall nach Herzinfarkt und Krebs die dritthäufigste Todesursache in Deutschland.
So erkennt der Ersthelfer recht schnell einen Schlaganfall:
- Bitten Sie die Person zu lächeln. Ist das Gesicht halbseitig verzogen und wirkt schief, deutet das auf eine halbseitige Lähmung hin.
- Bitten Sie die Person, die Arme nach vorne zu strecken und dabei die Handflächen nach oben zu drehen. Bei einer Lähmung kann die Person nicht beide Arme gleichzeitig heben.
- Bitten Sie die Person, einen einfachen Satz nachzusprechen. Klingt die Sprache unklar oder kann der Satz nur unvollständig wiedergegeben werden, liegt wahrscheinlich eine Sprachstörung vor.
Symptome:
Maßnahmen:
- Notruf 112
- Betroffenen beruhigen, Ruhe bewahren
- Oberkörper aufrecht lagern
- Frischluftzufuhr
- gelähmte Extremitäten mit einem Kissen abpolstern
- kontinuierliche Betreuung
- Wärmeerhalt
Herzinfarkt
Durch Verstopfung eines Herzkranzgefäßes kommt es zu Sauerstoffmangel in den dahinterliegenden Zellen. Dieser führt zum Absterben des Herzmuskelgewebes. Es kann zu tödlichen Herzrhythmusstörungen, zum kardiogenen Schock oder zum Lungenödem kommen. Jährlich erleiden alleine in Deutschland etwa 280.000 Menschen einen Herzinfarkt. Damit ist der Herzinfarkt eine der häufigsten Todesursachen.
Symptome:
Maßnahmen:
- Notruf 112
- Betroffenen beruhigen, Ruhe bewahren
- Oberkörper aufrecht lagern
- beengende Kleidung an Hals, Brust und Bauch öffnen
- Frischluftzufuhr
- Betroffenen nicht weiter +bewegen, keine Anstrengung
- keine Speisen oder Getränke anbieten
- kontinuierliche Betreuung