Erste Hilfe – Maßnahmen am Unfallort

Trotz aller Vorsicht und Schutzmaßnahmen können Unfälle passieren. Dann gilt es informiert zu sein, um zügig und richtig handeln zu können. Wie wird ein Notruf abgesetzt und was ist zu tun, bis ärztliche Hilfe eintrifft?

Autor Lothar Baier

Verletzte sind grundsätzlich ärztlicher Hilfe zuzuführen. Notarzt verständigen!

Notruf:

Erste Hilfe ist „Laienhilfe“. Dabei müssen – je nach Situation – von Laien Maßnahmen ergriffen werden, die verhindern sollen, dass bis zum Eintreffen ausgebildeter Helfer oder des Arztes eine Verschlechterung des Zustands des Verletzten oder gar der Tod eintritt. Nachstehende Punkte sind bei der Ersten Hilfe immer zu beachten:

Hier ist sofortige Hilfe erforderlich:

SymptomMaßnahme
AtemstillstandHerzdruckmassage/Atemspende (30:2)
BewusstlosigkeitStabile Seitenlage
 Kreislaufschwäche/Schock Beine hochlagern, beruhigen
 Starke Blutung Abdrücken, Druckverband
 Verbrennungen Brandwunde keimfrei bedecken

Wenn eine verletzte Person aufgefunden wird, muss das Bewusstsein folgendermaßen kontrolliert werden:

Wenn das Bewusstsein vorhanden ist, situationsgerecht handeln bzw. weiteres Vorgehen je nach Beschwerden der Person: bequem lagern und vor Kälte, Nässe, übermäßiger Wärme schützen. Bekleidungsstücke, die die Atmung behindern, öffnen/lockern (Hosenbund, Halskragen, Krawatte usw.).
Ist das Bewusstsein nicht vorhanden, sofort den Notruf absetzen und die Atmung kontrollieren.

Um festzustellen, ob die verletzte Person noch atmet:

Ist die Atmung regelgerecht, kann die Person in die stabile Seiten­lage bewegt werden. Ist dies nicht der Fall, dann Herz-Lungen-­Wiederbelebung (HLW) durchführen.

Die stabile Seitenlage ist erforderlich, damit Erbrochenes und Blut aus dem Mund laufen können.

  1. Seitlich neben die verletzte Person knien, ggf. Brille entfernen.
  2. Beine der Person strecken.
  3. Nahen Arm der Person angewinkelt nach oben legen, die Handinnenfläche zeigt nach oben.
  4. Ferne Hand der Person greifen und Arm vor der Brust kreuzen.
  5. Handrücken der fernen Hand an die Wange der Person führen und festhalten.
  6. Mit der anderen Hand an den fernen Oberschenkel (nicht Gelenk) der Person greifen und deren Bein beugen.
  7. Person zu sich herüberziehen.
  8. Oben liegendes Bein so ausrichten, dass der Oberschenkel im rechten Winkel zur Hüfte liegt.
  9. Hals überstrecken (Kopf nach hinten neigen), um das Freihalten der Atemwege sicherzustellen.
  10. Mund leicht öffnen, die an der Wange liegende Hand so ausrichten, dass die überstreckte Kopfposition beibehalten wird.
  11. Person zudecken, beobachten (Atmung wiederholt kontrollieren) und betreuen.
  12. Auch bei Kopfverletzungen Seitenlage, sonst keine weiteren Bewegungen.
Abb. 1: Stabile Seitenlage

Ein Herz-Kreislauf-Stillstand erfordert sofortige, ununter­brochene Wiederbelebungsmaßnahmen, bis man von den Rettungskräften abgelöst wird, um Tod oder irreversible Gehirnschäden abzuwenden.

Herz-Druck-Massage

Für die HLW muss die Person auf dem Rücken liegen. Die ­Unterlage sollte flach und hart sein.

  • Seitlich möglichst nahe in Höhe des Brustkorbs der Person knien.
  • Brustkorb der Person so weit wie nötig entkleiden.
  • Handballen einer Hand auf dem unteren Drittel des Brustbeins platzieren (Mitte des Brustkorbs).
  • Ballen der anderen Hand auf die erste Hand legen und die Finger verschränken.
  • Mit gestreckten Armen das Brustbein 30 Mal 4 bis 5 Zentimeter nach unten drücken (100 Kompres­sionen pro Minute).
  • Brustbein nach jeder Kompression vollständig entlasten, Druck- und Entlastungsdauer sind gleich; die Hände nicht von der Person lösen.

Atemspende „Mund zu Mund”

Herzdruck-Massage und Atemspende erfolgen im Wechsel so lange, bis man durch den Notarzt abgelöst wird, selbst erschöpft ist oder die Eigenatmung der behandelten Person wieder einsetzt.
Falls vorhanden, können Hilfsmittel, wie eine Beatmungs­maske oder ein Defibrillator, verwendet werden.
Der Defibrillator wird eingesetzt, um den Herzrhythmus zu prüfen und im Fall von lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen und Kammerflimmern durch Stromstöße die normale Herzaktivität wieder herzustellen.

Schockanzeichen sind:

Maßnahmen:

Abb. 3: Schocklagerung

Eigenschutz beachten: Einmalhandschuhe tragen. Wunde – möglichst ohne sie zu berühren – keimfrei abdecken, nicht auswaschen, Fremdkörper nicht entfernen.
Ausnahme: Wasseranwendungen nur bei Verbrennungen, Verätzungen.

Druckverband anlegen: Wunde steril abdecken, dann Druckpolster, zum Beispiel Verbandpäckchen darüberlegen, unter Zug festbinden und Gliedmaßen hochlagern.
Bei Blutungen am Körperstamm oder am Kopf, wenn möglich, geeignetes Material auf Wunde aufpressen.

Abb. 4: Druckverband

Bei Amputationsverletzungen handelt es sich um Verletzungen mit Abtrennung einer Extremität (zum Beispiel Fingerkuppe, Finger). Die Blutung, die in der Regel stark ist, wird wie beschrieben versorgt (Druckverband und Hochlagern der Extremität). Es kann zu einem Schock kommen; dann Schocklage anwenden und den Verunfallten nicht alleine lassen.

Das Amputat muss gesichert und verpackt werden:

  • Einwickeln des Amputats in einen sterilen Verband.
  • Dieses dann in einen Plastikbeutel legen.
  • Das Amputat im Plastikbeutel in einen zweiten Plastikbeutel geben und den zweiten Beutel mit kaltem Wasser und Eis füllen.
  • Schneller Transport ins Krankenhaus.
Abb. 5: Amputat

Merke: Ein direkter Kontakt des Amputats mit Eis ist wegen der Schädigung des Gewebes durch Erfrierung zu vermeiden. Eine ­Replantation (Verwendung des Amputats) ist dann nicht mehr möglich!

Das Leben steht über dem Organerhalt

Das bedeutet, dass die Versorgung des Betroffenen durch Blut­stillung, Lagerung, Betreuung vorerst wichtiger ist als das Wiederauffinden/Versorgen des abgetrennten Körperteils. Erst wenn der Betroffene versorgt ist und zeitliche Kapazitäten bestehen (zum Beispiel zweiter Helfer), sollte die Versorgung des abgetrennten Körperteils durchgeführt werden.

Verätzungen von Haut und Augen
Sind Notduschen vorhanden, betroffene Person mit Kleidung abduschen und dabei gegebenfalls Kleidungsstücke entfernen. Ansonsten die mit ätzendem Stoff durchsetzte Kleidung sofort entfernen. Anschließend die Haut mit viel Wasser abspülen und wie jede andere Wunde keimfrei verbinden. Eigenschutz beachten.
Verätzte Augen im Liegen ausgiebig mit viel Wasser spülen. Dabei die Augenlider weit spreizen und das Auge nach allen Seiten bewegen lassen. Es ist wichtig den Kopf so zu drehen, dass das betroffene Auge unter dem unverletzten liegt, da die Substanz ansonsten in das nicht geschädigte Auge gelangen könnte. Sind Augen­duschen oder Augen­spülflaschen vorhanden, sind diese wegen besserer Spül­wirkung zu benutzen. Anschließend die verletzte Person sofort in augen­ärztliche Behandlung bringen. Gefahrstoff angeben!

Innere Verätzungen (Mundhöhle, ­Speiseröhre, Magen, Darm)
Bei inneren Verletzungen nach dem Trinken von Säuren oder Laugen der verunfallten Person reichlich Flüssigkeit (zum Beispiel Wasser oder Tee) in kleinen Schlucken zu trinken geben. Niemals zum Erbrechen bringen, denn das bedeutet noch­malige Verätzung von Speiseröhre und Mund! Schockbekämpfung durchführen. Notruf schnellstmöglich absetzen. Vorgefundenen Gefahrstoff dem Notarzt übergeben!

Abb. 6: Augenverätzung – Spülung mit Wasser

Brandwunden sollen aufgrund der daraus resultierenden Gefahr der Unterkühlung grundsätzlich nicht mehr gekühlt werden.
Zur Schmerzlinderung können kleinflächige Verbrennungen (zum Beispiel Finger) sofort nach Bedarf mit lauwarmem Wasser abgekühlt ­werden. Das Kühlen ist auf die verbrannte Körperstelle zu beschränken. Größere verbrannte Körperpartien nicht mehr kühlen.
Anschließend Wundversorgung durchführen: Keimarmes Bedecken der Brandwunde, zum Beispiel mit einem Verbandtuch, um damit auch einem weiteren Wärmeverlust vorzubeugen.

Selbstschutz hat Vorrang!

Bei Verdacht auf einen Stromunfall hat die eigene Sicherheit Vorrang vor allen Hilfeleistungen, da auch Lebensgefahr für den Helfer besteht. Erste Maßnahme muss deshalb eine Unterbrechung der Stromversorgung sein.
Im Gewerbe wie im Haushalt finden sich üblicherweise Anlagen mit Niederspannung bis maximal 1.000 Volt. Die Unterbrechung des Stromkreises kann hierbei durch Ausschalten, Ziehen des Netzsteckers, Auslösen des Sicherungsautomaten oder Herausdrehen der Sicherung geschehen.
Bei Hochspannung muss zu Anlagen ein Sicherheitsabstand eingehalten werden, da wegen der Gefahr der Bildung eines Lichtbogens Überschlagsgefahr besteht. Vordringlich ist deshalb die Verständigung des Rettungsdienstes und des Fachpersonals, damit dieses den Stromkreis ausschalten kann. Rettung aus Hochspannungsanlagen sollte insgesamt nur durch Fachpersonal erfolgen. Bei unbekannter Spannung gelten die gleichen Vorsichtsmaßnahmen wie bei Hochspannung.

STROMUNFALL

  • Gefahrensituation prüfen
  • ERST SPANNUNGSFREI SCHALTEN!
  • Spannungsfreiheit feststellen. Im Zweifel auf keinen Fall eingreifen und Fachpersonal verständigen.

GASUNFALL

  • Gefahrensituation prüfen
  • Zuerst Gasfreiheit prüfen
  • Im Zweifel auf keinen Fall eingreifen und Fachpersonal verständigen.

Erst wenn die Spannungsfreiheit sichergestellt ist, kann unmittelbar mit der Versorgung der Verletzten begonnen werden.
Auch bei scheinbar harmlosen Unfällen mit nur geringer Strom­einwirkung ist Vorsicht geboten. Schädigungen des Reizleitungssystems am Herzen können noch nach Stunden zu plötzlichen, lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen führen. Körperliche Belastungen sind nach dem Unfall zu vermeiden.
Bei jeder Stromeinwirkung auf den Körper sollten Rettungskräfte verständigt und das Bewusstsein und gegebenenfalls die Atmung kontrolliert werden.
Je nach Bewusstseinslage der verletzten Person kann bis zum Eintreffen der Rettungskräfte die stabile Seitenlage oder eine Schock­lagerung notwendig werden. Brandwunden müssen keimfrei ­bedeckt werden.
Ist keine regelgerechte Atmung vorhanden, ist sofort die Herz-­Lungen-Wiederbelebung (HLW) im Verhältnis 30 : 2 einzuleiten, bis man von den Rettungskräften abgelöst wird.

Durch die Verstopfung oder den Riss eines zum Gehirn führenden Blutgefäßes erfolgt eine Unterversorgung der Nervenzellen im ­Gehirn mit Sauerstoff. Die Nervenzellen sterben ab. Mit etwa 200.000 Betroffenen pro Jahr ist der Schlaganfall nach Herz­infarkt und Krebs die dritthäufigste Todesursache in Deutschland.

So erkennt der Ersthelfer recht schnell einen Schlaganfall:

Symptome:

Abb. 7: Symptome Schlaganfall. Icons: Irina.Strelnikova- stock.adobe.com

Maßnahmen:

Durch Verstopfung eines Herzkranzgefäßes kommt es zu Sauerstoffmangel in den dahinterliegenden Zellen. Dieser führt zum ­Absterben des Herzmuskelgewebes. Es kann zu tödlichen Herzrhythmusstörungen, zum kardiogenen Schock oder zum Lungen­ödem kommen. Jährlich erleiden alleine in Deutschland etwa 280.000 Menschen einen Herzinfarkt. Damit ist der Herzinfarkt eine der häufigsten Todesursachen.

Symptome:

Abb. 8: Symptome Herzinfarkt. Icons: Irina.Strelnikova - stock.adobe.com

Maßnahmen:

Erste Hilfe – Maßnahmen am Unfallort

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