Gefahrstoffe sicher lagern

Die sichere Lagerung von Gefahrstoffen kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, Mensch und Umwelt zu schützen. Mengenbegrenzung senkt das Schadenspotenzial, Zugangsbeschränkungen die Zahl potenzieller Opfer, und sicherer Einschluss kann eine Ausbreitung der Gefahr verhindern.

Autor Dr. Kurz Kropp, Chemiker und ehemalige Aufsichtsperson bei der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW)

Gefahrstoffe werden für verschiedenste Arbeitsverfahren gebraucht. Abhängig von der Arbeitsweise gelten für verschiedene Räumlichkeiten unterschiedliche Regeln für ihre Aufbewahrung und Lagerung. Sie können in ortsbeweglichen Behältern wie Dosen, Flaschen und Kanistern oder in ortsfesten Behältern wie Silos oder Tanks gelagert werden. In der betrieblichen Praxis spielen ortsfeste Behälter nur in großen Anlagen der chemischen Industrie eine Rolle, während die ortsbeweglichen überwiegen und deshalb hier im Zentrum der Betrachtungen stehen.

Nach dem folgenden Beitrag über Aufbewahrungs- und Lagerverbote werden in den letzten beiden Beiträgen die Aufbewahrungs- und Lagerbedingungen für verschiedene Räumlichkeiten besprochen:

In der Technischen Regel für Gefahrstoffe „Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern“ (TRGS 510) wird diese Einteilung nicht vorgenommen. Dort heißt es: „Lager im Sinne dieser TRGS sind Gebäude, Bereiche oder Räume in Gebäuden oder Bereiche im Freien, die dazu bestimmt sind, in ihnen Gefahrstoffe zu lagern. Hierzu zählen auch Container oder Schränke.“

Wird ein Gefahrstoff innerhalb von 24 Stunden oder am darauffolgenden Werktag weiterbefördert oder werden nur Mengen des Tagesbedarfs bereitgehalten, handelt es sich nicht um Lagern: Der Gefahrstoff wird dann nur kurzfristig aufbewahrt. Für die schnelle Orientierung und die Übersichtlichkeit ist eine Differenzierung nach unterschiedlichen Räumlichkeiten aber sinnvoll.

Es wird in diesen Ausführungen stets nur um die Aufbewahrung und Lagerung der verschiedenen Gefahrstoffe gehen, nicht um deren Verwendung und die dabei zu beachtenden Regeln. Dabei spielen die Mengen und die Gefahrenarten eine wesentliche Rolle. Auch angesprochen werden Fragen wie: Was darf zusammen gelagert werden, wie müssen die Gefäße beschaffen sein und welche baulichen und technischen Anforderungen müssen die unterschiedlichen Räume erfüllen? Zuvor aber noch Hinweise dazu, wo Gefahrstoffe keinesfalls aufbewahrt und gelagert werden dürfen.

Gefahrstoffe – Aufbewahrungs- und Lagerverbote

Überall dort, wo sich Personen bewegen oder aufhalten, die dort keinen Umgang mit Gefahrstoffen haben, dürfen diese auch nicht aufbewahrt oder gelagert werden. Dies sind einerseits und insbesondere alle Arten von Verkehrswegen, zum Beispiel:

Andererseits dürfen Gefahrstoffe auch nicht in Räumen aufbewahrt oder gelagert werden, die hygienischen, gesundheitlichen und Erholungszwecken dienen oder für die Aufnahme von Nahrungsmitteln genutzt werden, zum Beispiel:

Allgemein kann man sagen: Dort, wo Gefahrstoffe nicht zwingend gebraucht werden, dürfen sie auch nicht aufbewahrt und gelagert werden.

Gefahrstoffe in Arbeitsräumen

Arbeitsräume sind im Allgemeinen keine Räume, in denen Gefahrstoffe gelagert werden dürfen. Außerhalb von Lagerräumen speziell für Gefahrstoffe dürfen maximal die in den Tabellen der TRGS 510 für die verschiedenen Arten von Gefahrstoffen aufgeführten Mengen vorhanden sein.

Diese recht großzügig bemessenen Kleinmengen werden aber für Arbeitsräume weiter eingeschränkt, weil sich dort ständig Personen aufhalten.

Die bereitgestellte Menge eines Gefahrstoffs am Arbeitsplatz ist generell auf den Tages- beziehungsweise Schichtbedarf zu beschränken. Werden also zum Beispiel in einer Schlosserei hergestellte Metall-Konstruktionen mit einem Schutzanstrich versehen, darf nur die an einem Tag oder in einer Schicht benötigte Menge an Gefahrstoffen wie Farbe und Verdünner vorhanden sein.

Ausnahmen sind möglich, wenn von bestimmten Gefahrstoffen regelmäßig kleine Mengen gebraucht werden. In diesem Fall ist die kleinste handelsübliche Menge zulässig, in unserem Beispiel also etwa eine Dose mit ca. einem Liter Farbe und eine Kanne mit möglichst kleiner Menge Verdünner. Gefahrstoffe, die voraussichtlich nicht regelmäßig und nicht an diesem Tag oder in dieser Schicht gebraucht werden, dürfen im Arbeitsraum nicht aufbewahrt werden.

Um zu verhindern, dass man ständig zwischen dem Arbeitsraum und einem speziellen Lagerraum für Gefahrstoffe hin und her laufen muss, kann man im Arbeitsraum einen Sicherheitsschrank für Gefahrstoffe aufstellen. Sicherheitsschränke gelten als Lager im Sinne des Abschnitts 5 der TRGS 510 und dürfen auch außerhalb von Lagerräumen betrieben werden.

Abb. 1: Sicherheitsschrank für Gefahrstoffe. Bildnachweis: DÜPERTHAL Sicherheitstechnik GmbH & Co. KG

Solche Sicherheitsschränke können auch weitere Probleme beim Aufbewahren von Gefahrstoffen lösen. Manche Gefahrstoffe, zum Beispiel giftige, müssen verschlossen aufbewahrt werden, was in einem Sicherheitsschrank problemlos möglich ist. Andere Gefahrstoffe wie zum Beispiel Lösemittel können rasch brennbare oder explosionsfähige Gas-Luft-Gemische bilden, eine Be- und Entlüftung am Aufbewahrungsort ist dann sinnvoll. Auch das lässt sich an einem Sicherheitsschrank realisieren.

Eine besondere Art von Arbeitsräumen sind die Verkaufsräume des Handels. Die oben ausgeführten Einschränkungen sind natürlich auch hier zu beachten. Andererseits hat es sich in der betrieblichen Praxis als sehr schwierig erwiesen, die notwendigen Abschätzungen vorzunehmen. Es gilt aber auf jeden Fall die generelle Forderung der Gefahrstoffverordnung zur „Begrenzung der am Arbeitsplatz vorhandenen Gefahrstoffe auf die Menge, die für den Fortgang der Tätigkeiten erforderlich ist“.

In der TRGS 510 werden Verkaufsräume nicht explizit aufgeführt, sie fallen deshalb in die Kategorie der Räume, die nicht zu den Lagerräumen für Gefahrstoffe gehören. Damit gilt die Kleinmengenbegrenzung: „Pro Brandbekämpfungsabschnitt / Gebäude oder baurechtlicher Nutzungseinheit dürfen kleinere Mengen als in Tabelle 1 Spalte 3 angegeben unter Einhaltung der Maßnahmen nach Abschnitt 4 auch außerhalb von Lagern gelagert werden (Kleinmengen).“ Die Gesamtmenge aller Gefahrstoffe, die als Kleinmenge außerhalb von Lagern gelagert wird, darf 1.500 kg nicht überschreiten.“

Nehmen wir als Beispiel einmal Haarspray in Aerosolpackungen mit Flüssiggas als Treibmittel. Werden mehr als 50 Stück bereitgehalten, müssen sie in einem speziellen Lagerraum gelagert werden oder der Verkaufsraum muss besondere Bedingungen erfüllen: Besondere Brandschutzmaßnahmen (Abschnitt 6) oder sogar die in Abschnitt 11 geforderten Maßnahmen für Druckgaskartuschen und Aerosolpackungen.

Eine wesentliche Rolle bei der Abschätzung der benötigten Mengen wird spielen, welcher Absatz eines Artikels an einem Tag zu erwarten ist. Von diesen Umsatzerwartungen hängt sicher auch ab, ob der betrachtete Verkaufsraum den Aufwand für die geforderten Bedingungen lohnt oder eher nicht.

In unserem Beispiel bieten Hersteller von Spraydosen als preiswerte Lösung sogenannte Display-Paletten an: Es wird der Eindruck erweckt, es stünde eine ganze Palette mit Dosen zur Verfügung, tatsächlich ist aber nur die obere Lage mit echten Spraydosen belegt. Es muss dann öfter aufgefüllt werden.

Auch in Verkaufsräumen müssen die Regeln für verschlossen aufbewahrte Gefahrstoffe eingehalten werden, weshalb zum Beispiel in Baumärkten und Gartencentern Pflanzenschutzmittel in abgesperrten Vitrinen bereitgestellt werden, zu denen nur autorisiertes Personal Zugriff hat.

Gefahrstofflager

Ein Lager im Sinne der Technischen Regel für Gefahrstoffe „Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern“ (TRGS 510) kann verschiedene Formen annehmen. Laut TRGS 510 sind Lager für Gefahrstoffe:

In welcher Form, wie und wo auch immer: Ein Gefahrstofflager so ausgestattet sein, dass der Schutz von Personen und der Umwelt jederzeit gewährleistet ist.

Gefährdungen beim Lagern von Gefahrstoffen

Die Gefährdungen durch das Lagern von Gefahrstoffen können sich aus verschiedenen Aspekten ergeben. Die Eigenschaften der gelagerten Stoffe bestimmen den Umfang und die Art der Gefährdung für Mensch und Umwelt. Diese Eigenschaften können von giftig über entzündlich bis hin zu ätzend reichen.

Das „GHS – Global Harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Gefahrstoffen“ bietet eine einheitliche Beschreibung dieser Eigenschaften. In Europa wird dies durch die CLP-Verordnung umgesetzt. Hersteller müssen neben der korrekten Kennzeichnung auf dem Behälter auch ein Sicherheitsdatenblatt bereitstellen, das die Gefährdungen und Schutzmaßnahmen beim Umgang und Lagern beschreibt.

Abb. 2: Regal mit unterschiedlichen Gefahrstoffen in einem Gefahrstofflager.
Foto: Ladanifer – stock.adobe.com

Eine gute Eiführung in dieses Thema gibt die DGUV Information 213-034: „GHS – Global Harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Gefahrstoffen, Hilfe zur Umsetzung der CLP-Verordnung“. Für konkrete Gefahrstoffe und Produkte muss jeder Hersteller neben der korrekten Kennzeichnung auf dem Behälter auch ein Sicherheitsdatenblatt bereitstellen, aus dem die Gefährdungen und Schutzmaßnahmen beim Umgang, also auch beim Lagern entnommen werden können. Die unterschiedliche Kennzeichnung ist in Abbildung 2 sehr gut zu erkennen.

Im Prinzip gilt: je größer die Lagermenge desto höher die Gefährdung. Eine Literdose mit Lackverdünner in einer Werkstatt ist sicher weniger gefährlich als Hunderte Liter in verschieden großen Behältern beim Hersteller. Dies relativiert sich natürlich je nach den gefährlichen Eigenschaften der unterschiedlichen Stoffe. Die Gefährdung durch wenige Milligramm eines giftigen Stoffes ist zu Beispiel deutlich höher als die durch ein Kilogramm ätzenden Rohrreiniger. Besonders die Eigenschaften und die Lagermengen beeinflussen sich gegenseitig bei der Beurteilung der Gefährdung.

Die Art der Lagerung ist ebenfalls von Bedeutung. Werden wie in Abbildung 2 kleine Mengen verschiedener Gefahrstoffe in einem Regal gelagert oder sind Mengen von einigen hundert Litern oder Kilo in Großbehältern unterzubringen? Erfolgt die Ein- und Auslagerung manuell oder werden Großbehälter oder palettierte Einheiten mit Flurförderzeugen, zum Beispiel Gabelstaplern bewegt? Die Gestaltung des Lagers und seiner Einrichtungen ist stark von diesen und anderen Faktoren abhängig.

Ob und welche Tätigkeiten mit den Gefahrstoffen im Lager durchgeführt werden, beeinflusst die Gefährdung wesentlich. Werden zum Beispiel nur ganze Gebinde in geschlossenen Behältern ein- und ausgelagert, ist die Gefährdung deutlich geringer als wenn

Die Zusammenlagerung verschiedener Gefahrstoffe wirft weitere Probleme auf. Die Gefährdungen durch manche Gefahrstoffe können sich durch die anderer, mit ihnen zusammengelagerter Gefahrstoffe potenzieren. Solche Stoffe dürfen deshalb nicht zusammen gelagert werden.
Akut toxische, sehr giftige und ähnlich gefährliche Gefahrstoffe müssen immer in einem separaten, abschließbaren Raum lagern. In der TRGS 510 gibt die Tabelle 12 sehr detailliert darüber Auskunft, was unter welchen Bedingungen zusammen gelagert werden darf und was nicht.

Schließlich spielen auch die Arbeits- und Umgebungsbedingungen eine Rolle für die Höhe der Gefährdung. Befindet sich das Lager in einem eigenen Gebäude mit Abstand zu anderen Gebäuden oder befindet es sich in einem Gebäudeteil und in den anderen Teilen werden weitere Tätigkeiten ausgeübt. Sind nur wenige Personen im Lager tätig oder wird es von vielen Personen genutzt? Befinden sich in der Umgebung (fließende) Gewässer oder landwirtschaftliche Flächen? Befindet sich das Lager in einem Gewerbe- oder Mischgebiet mit Wohnbebauung?

Schutzmaßnahmen

In einem eher unspezifischen Beitrag wie dem vorliegenden können natürlich nur sehr allgemeine und grundsätzliche Schutzmaßnahmen angesprochen werden, die im konkreten Fall je nach den vorliegenden Bedingungen ausgearbeitet werden müssen.

Im Gefahrstofflager sind Essen, Trinken und Rauchen immer verboten. Arzneimittel, Lebensmittel und Futtermittel dürfen dort nicht vorhanden sein.

Andere Materialien als Gefahrstoffe dürfen dort nicht gelagert werden, zum Beispiel Verpackungsmaterial, Leergut, Paletten, Kisten etc..

Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor dürfen in Gefahrstofflagern nicht abgestellt werden, wie in jedem Lager müssen die Tragfähigkeiten des Bodens und der Regale berücksichtigt werden. Stapel müssen standsicher errichtet werden. Alle Mitarbeiter sind entsprechend der Gefährdungsbeurteilung zu unterweisen.

Gefahrstoffe dürfen nur in geeigneten, verschlossenen und gekennzeichneten Behältern gelagert werden. Wird umgefüllt, müssen die neuen Gefäße den gleichen Anforderungen genügen, insbesondere muss eine vollständige Kennzeichnung angebracht werden. In Gefäße, die üblicherweise für Lebensmittel verwendet werden, darf auf keinen Fall umgefüllt werden!

Im Gefahrstofflager sind Ordnung und Übersicht besonders wichtig. man muss sofort erkennen können, wenn Gefäße undicht werden oder Gefahrstoffe verschüttet worden sind. Wassergefährdende Stoffe müssen in oder über einer Auffangwanne gelagert werden. Geeignet Maßnahmen für das Aufnehmen verschütteter Gefahrstoffe müssen geplant und vorbereitet werden.

Weitere Infos

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